Dankbar für die Belohnung
Kawaraban Nr. 19
07/1994
von Kenji Shimizu
Dieses Jahr können wir das 25-jährige Jubiläum unseres Tendokan Dojos feiern. Wenn ich auf die damalige Anfangszeit zurückblicke, erinnere ich mich, wie einsam ich bei meinem Aufbruch in der Tat war. Zu meiner Uchideshi-Zeit hatte mich das Durcheinander innerhalb des Aikikai ermüdet, und ich schwankte hin und her, ob ich das Aikido aufgeben oder mich selbständig machen sollte. Letztendlich habe ich mich selbständig gemacht. Zwar gab es zu jener Zeit von einem Freund folgenden Kommentar: „Ist es nicht in Ordnung, plötzlich wie eine Kirschblüte abzufallen? Möchtest Du nicht versuchen der Welt Aikido zu vermitteln?“. Ich interessierte mich nicht für solche Worte; doch drückten sie möglicherweise einen Glauben an mich aus und sollten bei mir den Wunsch nach Selbständigkeit wecken.
Als es dann dazu kam und ich mich selbständig machte, wäre es notwendig gewesen, unzählige Bedingungen zu klären und sorgfältige Vorbereitungen zu treffen. Für reifliche Überlegungen aber war keine Zeit. Es war, als ob ich schnell rudernd mit einem kleinen Boot in den Pazifik aufgebrochen wäre. Ein überaus gefährliches Abenteuer, und wenn ich jetzt daran denke, bin ich erstaunt und denke, “Gut gemacht, daß Du diese Sache so kühn angangen bist“.
Immer wenn damals von außen Verleumdungen geäußert wurden, die nähere Umgebung Verständnislosigkeit zeigte und ich dabei war zu zerbrechen, habe ich an meinen selbst gewählten Weg geglaubt und die Schwierigkeiten durch meine eigene Kraft überwunden. Auch wenn es unsinnig erscheint, so habe ich erlebt, daß man durch geduldiges Ertragen von Strapazen und Nachdenken alle seine Erfahrungen in Fleisch und Blut übergehen lassen kann.
Wenn ich zurückdenke, so habe ich vielen Leuten Unannehmlichkeiten bereitet und auch Meinungsverschiedenheiten ausgetragen. Doch dank Ihnen allen, ist es mir so gelungen, als Aikidoka zu bestehen. Zusätzlich scheine ich auch Glück gehabt zu haben. In Anbetracht dessen, daß ich mich geradlinig auf die Aikido-Verbreitung konzentrieren konnte, frage ich mich, ob mir nicht vielleicht sogar die Götter zu dieser Belohnung verholfen haben. Andernfalls wäre es ganz und gar nicht vorstellbar, daß ich heutzutage in Japan ein reines Budo-Dojo leite.
Zahlreiche Schwierigkeiten häuften sich an, und ich hatte wirklich Glück, Aikido fortführen zu können. Aikido ist sowohl in Japan wie auf der ganzen Welt willkommen. Darüber hinaus ist es eine Kampfkunst, die von Jung und Alt, von Mann und Frau betrieben werden kann.
Als ich vor einigen Jahren mit meiner Frau durch Europa gereist bin und dort irgendwo einen Lehrgang abhielt, kam nach dem Training eine Frau auf mich zu und fragte mit ernster Miene: „Was ist Ihr Hauptberuf?“. Ich antwortete: „Was soll die Frage, mein Beruf ist Aikido“. Und ich erinnere mich daran, daß mir meine Frau nachher erzählte, wie jene Frau daraufhin ein überaus glückliches Gesicht machte. Wenn ich im Ausland unterrichte, ist mir bewußt, daß es in der Tat viele Leute gibt, die neben der eigenen Arbeit unterrichten. Sicherlich sind die Menschen im Osten wie im Westen auf der Suche nach Techniken und Kunstfertigkeiten von Spezialisten. Dank dem Aikido habe ich in den verschiedensten europäischen Ländern Freunde gefunden, und im Gegenzug ist die Zahl der Europäer, die durch das Aikido Interesse an Japan bekommen haben, gestiegen.
Ich vermittle durch den Aikido-Unterricht auch die Einstellung der Japaner. Daher kommt es, daß sich viele Ausländer nach Japan sehnen und Japan besuchen möchten, doch leider sind die Preise in Japan für sie sehr hoch. Auch wenn die Wirtschaftskraft Japans Weltspitze ist, so liegt der Lebensstandard hinter der 20. Stelle. Ich wünsche mir sehr, daß der Austausch mit den Ausländern noch leichter wird. Die Konsequenz wäre, daß die Japaner wahrscheinlich den wahren Wert Japans wiederentdecken würden.
So wollen wir das 25-jährige Jubiläum als neuen Startpunkt nehmen, noch einmal zum Anfangsgeist zurückzukehren und das Ki zu festigen. Mein Plan ist es, ein großartiges Aikido in der Welt zu verbreiten.
© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 06/2005