Zum Inhalt springen

Das Fördern von Weisheit

Kawaraban Nr. 34

05/1998

von Kenji Shimizu

Bei der ernsten internationalen Lage ist auch Japan in eine überauss unerfreuliche Situation geraten. Im „Buch der Gespräche“ von Konfuzius wird folgendes gelehrt: „Seid nicht besorgt, wenn Ihr wenig habt, macht Euch Sorgen, wenn Ihr ungleich seid“. Das heisst, selbst wenn man arm ist, kann man diesen Zustand ertragen, wenn er für alle gilt. So dachten früher die meisten Japaner. Doch die heutige Gesellschaft ist dahingehend degeneriert, dass einem die anderen egal sind, solange es einem selbst gutgeht. Jeder ist sich selbst der Nächste und belästigt andere Menschen ohne Skrupel. Warum nur?

Denken wir einmal über die Erziehung im heutigen Japan nach. Ist es nicht nur ein reines Studium des Wissens um des Wissens willen? Es besteht nicht der kleinste Unterschied zum blossen Herumtragen vieler Bücher.

Im Bushido hat man das Wissen um des Wissens willen gering geschätzt. Wissen war ein Mittel um Weisheit zu fördern. Auch in einem englischen Sprichwort heisst es: „Erfahrung ohne Studium ist einem Studium ohne Erfahrung überlegen“.

Zur Zeit häufen sich schreckliche Vorfälle, an denen Kinder beteiligt sind, und das liegt daran, dass das Studium die Priorität auf das Wissen setzt (Wissensanhäufung) und dadurch eine Gegenreaktion im Gehirn hervorruft. Der Körper entwickelt sich zum Körper eines Kulturmenschen (verweichlicht), der Kopf entwickelt sich zu dem eines Wilden.

Nehmen wir die  Parlamentsmitglieder, die die Bürger vertreten. Sie reden bei ihren Frage-und-Antwort-Sitzungen voll aneinander vorbei. Das ist eine Schande für uns Japaner. Ich möchte, dass man sich dieser Schande mehr bewusst wird. Ferner befinden wir uns in einer Situation, in der die Magazine und das Fernsehen mit ihren ungeheuerlichen Beiträgen die Kinder ungefiltert erreichen und einen kaum vorstellbaren schlechten Einfluss auf sie ausüben.

Unter diesen Umständen ist es einem nicht möglich, der Forderung nachzukommen, die Kinder aufrichtig zu erziehen.

Wenn sich nicht zu allererst die Erwachsenen grundlegend ändern, wird man in Zukunft in Japan Menschenpotential vergeuden. Es gibt die verschiedensten Spiele für Kinder, in denen sie auf natürliche Art und Weise Weisheit für das Leben erlernen. Auf jeden Fall aber müssen die Erwachsenen eine konsequente Philosophie verfolgen und ein Leben voller Überzeugung führen, sonst wird sich Japan nicht verändern. Denn Kinder ahmen Erwachsene nach ...

© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 05/2004