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Die Grenzen der Gier kennen

Kawaraban Nr. 28

10/1996

von Kenji Shimizu

Es gibt Unterschiede in Denkweise und Gebräuchen bei den Menschen aus aller Herren Länder, aber auch viele Gemeinsamkeiten, an deren erster Stelle die Freundlichkeit steht.

Da ich arbeitsbedingt oft nach Europa fahre, passiert es natürlich häufig, dass ich an Bekannte, an gerade kennengelernte Menschen oder an Vorübergehende eine Bitte habe, und ich werde wirklich freundlich behandelt. Besonders Behinderte und Neulinge in einer Stadt können diese Freundlichkeit stark spüren.

Was das betrifft, kann man sagen, dass die Japaner nicht darin geübt sind, Freundlichkeit zu zeigen, oder sie zögern, als ob Freundlichkeit etwas ganz besonderes wäre. Sind die Europäer und Amerikaner geschickter im Umgang mit Menschen? Japaner sind intelligent, fleissig, selbstlos und besitzen eine wunderbare Kultur, doch ist trotz allem der Ruf der Japaner heutzutage im Ausland ganz und gar nicht gut. Ich dachte, dass unabhängig von Sprachproblemen vielleicht ihre Ernsthaftigkeit hinderlich wäre, doch seit kurzem sehe ich die Situation in einem anderen Licht.

Mut und Bereitschaft, die wichtigsten Eigenschaften, die zur Menschlichkeit gehören, haben die Japaner irgendwo auf der Strecke zurückgelassen, da sie nicht kompatibel mit der japanischen Wirtschaftsentwicklung sind. Freundlichkeit entsteht ganz natürlich aus dem angeborenen Mut, und dazu braucht es keine grosse Ursache.

Seit 30 Jahren erlebt Japan ein gewaltiges Wirtschaftswachstum. Wie ein durch fehlerhafte Bremsen ausser Kontrolle geratenes Auto, belästigen die Japaner das Ausland aussergewöhnlich heftig, um ihre Waren absetzen zu können - der sogenannte Handelskrieg. Mit einem Wort, das ist ein Fehlen an Freundlichkeit.

Es wird sogar gesagt, dass die Europäische Union (EU) unter anderem dadurch zustande kam, weil Europa durch das gewaltige Vorrücken Japans eingeschüchtert wurde.

Ich erinnere mich an die Worte eines grossen Mönchs: “Die Japaner müssen die Grenzen der Gier, wie auch die der Freiheit kennen!”

© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 12/2002