Erfreuliche Gespräche in Serbien
Kawaraban Nr. 67
09/2006
vom Leiter des Tendokan, Kenji Shimizu
Dieser Sommer in Europa war extrem heiß. Nach dem Abschluß der Lehrgänge in Deutschland begaben wir uns nach Slowenien (in die zweitgrößte Stadt Maribor und nach Murska Sobota) und danach nach Kragujevac in Serbien (der Name der Stadt klingt, als wenn man sich auf die Zunge beißt). Dieser Ort war die letzte Station der Lehrgänge in diesem Sommer. Es war nicht die Hauptstadt Belgrad, und die Stadt liegt im Herzen Serbiens. Zur Teilnahme am dreitägigen Lehrgang an der Jesero-Sportschule kamen etwa 120 Teilnehmer aus der ehemaligen Jugoslawischen Republik. Am ersten Tag wurde eine Pressekonferenz in einem öffentlichen Restaurant in Anwesenheit des Vize-Bürgermeisters und wichtigen Persönlichkeiten aus dem Bereich der Sportschule eröffnet.
Bei diesem Besuch habe ich bemerkt, dass Tendoryu Serbien sich total verändert hatte. Das bedeutet, dass die Leiter ersetzt worden waren. Bisher gab es nur einen Verantwortlichen, und das wurde nun in ein Troika System aus drei Personen verändert. Wegen der instabilen politischen Lage dauerte der Bürgerkrieg an, und auch das Aikido mußte oft unterbrochen werden, aber bei meinem Besuch vor Ort hatte ich den Eindruck, dass sich wohl allmählich stabile Verhältnisse entwickeln. Es gab für Tendoryu Serbien verschiedene Schwierigkeiten, aber ich war sehr erfreut, dass ich sie mit aller meiner Kraft unterstützen konnte.
Es gab noch ein erfreuliches Ereignis. Als der Generalbevollmächtigte aller sportlichen Institute am ersten Tag das Bild des Trainings sah, kam über den Übersetzer seine Bitte, dass er mich unbedingt sprechen wollte. Ich dachte, dass es vielleicht bezüglich der Nutzung des Dojos irgendwelche Beschwerden geben könnte. Aber im Gegenteil begann er das Gespräch mit den Worten: „Diese Aikido ist hervorragend. Ein derartiges hervorragendes Budo habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen“ und er fuhr fort „ich lebe nun schon mehr als 50 Jahre, aber ein so gutes Gefühl, wie ich es heute gespürt habe, habe ich noch nie erlebt. Als ich den Unterricht und die Vorführung sehen konnte, klärte sich mein Herz auf natürliche Weise und ich hatte den Eindruck, als ob mein Körper befreit würde“, und diese Worte erfreuten mich sehr.
In der Tat hatte dieser Verantwortliche ein Hüftleiden, und das morgendliche Aufstehen war sicher auch recht schmerzhaft. Weil er sich beim Zuschauen wohl gefühlt hatte, verabschiedete er sich mit den Worten: „Morgen am Sonnabend und übermorgen am Sonntag habe ich arbeitsfrei und werde daher sicher auch zum Zuschauen kommen.“ Auch wenn diese Worte diplomatisch gemeint waren, so war es für mich sehr bedeutsam, dass ich ein derartiges hervorragendes Kompliment erhalten hatte, und ich dachte, dass ich mich noch mehr anstrengen müsste. Immerhin wohnte er danach zwei Stunden eifrig dem Training bei.
Trotz ihrer Erlebnisse in der langen Zeit des Bürgerkrieges konnte ich weder bei ihm noch bei vielen anderen Menschen mentale Defekte erkennen. Die offene Art sich auszudrücken und ihre Natürlichkeit haben mich tief beeindruckt. Auch wenn sich die Kultur und die Denkungsart unterscheidet, so sind diese Eigenschaften beginnend mit den Deutschen nicht nur bei den Serben sondern bei allen Menschen Europas gleich.
Jedes Mal wenn ich in das Ausland reise, erkenne ich das immer wieder.
© übersetzt von Ichiro Murata und Peter Nawrot 10/2006