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Erfülltes Leben

Kawaraban Nr. 13

01/1993

von Kenji Shimizu

Die besten Wünsche zum neuen Jahr.

Und bitte unterstützen Sie auch dieses Jahr wieder den Tendōkan.

Der italienische Architekt Leone Alberti hat in seinen Aufzeichnungen geschrieben, daß der Mensch drei Dinge sein eigen nennt - den Körper, die Seele und die Zeit.

Heutzutage stellt man sich die Frage, woran man glauben soll. Und besonders jetzt am großen Wendepunkt der Werte, muß man den eigenen Körper und den Geist immer gesund erhalten und die Fähigkeit stärken, die Körperkraft wie die Willenskraft den verschiedensten Situationen anpassen zu können.

Der Ehrenprofessor Herr Kimura Zaburo von der Tōkyō Universität erklärt, dass diese Fähigkeit im kommenden Zeitalter äusserst gefragt sein wird.

Was bis jetzt an Wandel und Fortschritt durch die Jagd nach blossen Werten herausgekommen ist, hat Japan aus der Menge hervorgehoben, wirtschaftlichen Wohlstand und materiellen Reichtum gebracht, doch ist dabei auch vieles auf der Strecke geblieben. Der Ausspruch 'Armut inmitten einer reichen Ernte', den man oft hört, beschreibt genau die Situation.

Zu Kriegszeiten hat Japan mit geistigen Prinzipien dem Materiellen Widerstand geleistet, doch die Niederlage hat die Leute dazu gebracht, das Materielle dem Geistigen vorzuziehen, die Verschwendung der Sparsamkeit und das Ich dem Ganzen. Obwohl man bis zu diesem Zeitpunkt genau das Gegenteilige verfolgte.

Man hält die Japaner für Leute, die außer dem Gelderwerb keine anderen Interessen zu haben scheinen. Mit ausländischen Augen gesehen haben die Japaner und die japanischen Unternehmen andere Wertvorstellungen und eine andere Logik. Dies macht die Japaner zu einem unbegreifbaren Volk bzw. Gruppe.

Doch wenn man darüber nachdenkt, so ist wird eine wichtige Sache, die die Japaner verloren haben, nämlich die Zeit, zu einem Problem werden. Nicht einfach nur Zeit, sondern erfüllte Zeit. Auch wenn einige Menschen ihre Zeit effektiv nutzen, so werden viele von ihnen in Wirklichkeit ständig von ihrer Arbeit verfolgt, und ihr Kopf ist voll.

Sie verlieren schliesslich `erfüllte Zeit`. Darüberhinaus haben sie ihren Geist und Körper vollständig erschöpft und werden schliesslich krank.

In letzter Zeit hat man begonnen, sich bewusst zu werden, wie seltsam ein solches Leben ist.

In unserem Tendōkan-Dōjō gibt es viele Trainierende, die sich darüber Gedanken machen, wie der Geist den Körper kontrolliert, die Kälte ertragen, Schmerz ertragen, Schwierigkeiten ertragen, ohne wettzueifern und ohne andere aus dem Rennen zu werfen, und sich Tag für Tag im Training bemühen.

Grad und Intensität sind natürlich verschieden, doch während alle versuchen, ihre eigenen Fähigkeiten zu verbessern, und sich ohne Unterlass anstrengen, werden sie zu Menschen, die eine `erfüllte Zeit` verbringen. Das Ansammeln solcher Zeiten führt uns ohne Zweifel wieder zum `Training von Geist und Körper` und zum `Stärken des Geistes` zurück.

© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 07/2003