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Gespräch: Zen und Aikido

Kawaraban Nr. 7

07/1991

Shimizu Kenji Sensei

Kamata Shigeo Sensei

Interviewer: Stanley Pranin, Herausgeber der `Aiki News`

Anläßlich der Herausgabe der englischen Version von ‚Zen und Aikido’ der beiden Ko-Autoren Shimizu Sensei und Kamata Sensei erscheint in den `Aiki News` ein Artikel über ein Gespräch mit ihnen. Hier stellen wir einen Teil daraus vor, die Fortsetzung lesen Sie bitte in den `Aiki News` (voraussichtlicher Erscheinungstermin: 26.07.91).

Stanley Pranin: Ich vermute, daß auch Kano Jigoro Sensei wie andere in der Meji Zeit, die die alten Bujutsu-Künste ausübten, einem derartigen Einfluß des Zen unterlag.

Shigeo Kamata Sensei: Sie haben sich nicht direkt geäußert. Da aber zur Edo-Zeit das Japanische Bushido eng mit dem Zen verknüpft war, haben sie es auf ganz natürliche Weise aufgenommen. Es gab aber auch Budoka, die dieses ablehnten.

Wenn man jung ist, trifft man die Leute mit dem Schwert, man tötet Menschen mit dem Schwert. Wenn man jedoch auf den Lebensabend zugeht, so zieht man das Schwert nicht mehr, man tötet keine Menschen mehr.

In seinen letzten Lebensjahren wechselte der berühmte Schwertkämpfer Tsukahara zu einer Schwertform, die nicht dem Töten von Menschen diente. Man könnte das als Schwachwerden mißbilligen, aber so einfach ist das nicht, denn seine geistige Verfassung war durch ein umfassendes Gefühl gekennzeichnet. Auch Ueshiba Sensei hatte (anfangs) nur trainiert, um stärker zu werden, doch als er den Lehren der Omoto-Sekte folgte, ist er über seine eigene Kraft hinausgewachsen. Es scheint, als ob er irgendwann die Kraft des großen Universums direkt erfahren hätte.

Daher gesehen sind Aikidotechniken mehr als Techniken, die nur einen selbst betreffen, hier kommt eine gewaltige Kraft mit dazu. Menschen, die dem Weg folgen, trainieren anfangs nur Techniken, um sich zu stärken, doch dann, wenn sie schließlich die Wand, auf die sie stoßen, durchbrechen, erfahren sie direkt, was man Gott/Götter, den Geist des Universums oder auch Zen nennen kann.

Stanley Pranin: Ueshiba Sensei soll oft gesagt haben: „Aikido kommt vom Schwert“. Können Sie uns sagen, wie Ueshiba Sensei die Rolle des Schwertes im Aikido erklärt hat?

Kenji Shimizu Sensei: Bezüglich der Rolle des Schwertes waren die Erklärungen von O-Sensei nicht allzu genau. Im Gegenteil, er wurde sehr ärgerlich, wenn wir im Training das Schwert benutzten. Das war, weil Aikido schließlich in der Hauptsache aus Körpertechniken besteht und unerfahrene Schüler nicht vom wahren Weg abweichen sollten. Zuerst sollten die waffenlosen Techniken gründlich trainiert werden. Der Körper sollte durch und durch trainiert werden. Jedenfalls war O-Sensei eine strenge Persönlichkeit, von wo auch immer er das Training beobachtete. Und wenn daher im Training auch nur kleine Fehler gemacht wurden, ermahnte er uns mit lauter Stimme. Er hat uns wirklich genau beobachtet.

O-Sensei selbst hat häufig die Wirkungsweise des Aiki mit dem Schwert demonstriert. Im heutigen Aikido hat die Zahl der Menschen, die das Schwert im Übermaß benutzen, stark zugenommen. Wenn O-Sensei noch leben würde, würde sein Zorn hervorbrechen. „So was ist kein Aikido !“ würde er rufen. Aber es passierte häufig, daß O-Sensei uns die Schwerter zum Angreifen (Uchikome) nehmen ließ. Wir waren von seiner Vitalität so überwältigt, daß wir Marionetten ähnelten. Wir konnten nicht richtig schlagen. Wir waren durch sein Ki vollständig gefangen genommen worden.

© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 05/2005