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Kinder, die vergessen haben zu spielen

Kawaraban Nr. 22

04/1995

von Kenji Shimizu

Ich wurde einmal von einem Deutschen gefragt, warum die japanischen Kinder denn draußen auf den freien Plätzen nicht spielten. Auch ich hatte diesen Gedanken schon früher gehabt, denn es ist wirklich so, daß die japanischen Kinder draußen in den Parks und auf den freien Flächen nicht spielen.

Jeder Mensch trägt die erlebten Erinnerungen, die Guten wie die Traurigen, in seiner Brust und lebt erfüllt von Wünschen, die auf die Zukunft gerichtet sind.

Aber die Kinder heutzutage sind unglücklich, da die Erziehung sie vollstopft mit Wissen und sie so zu Opfern ihrer Eltern, nein besser gesagt, der Allgemeinheit macht. Die Betroffenen haben vielleicht von Geburt an großartige Begabungen mitbekommen, aber ....

Man muß die Kinder sich frei bewegen und durch viel Spiel die verschiedensten Erfahrungen machen lassen. In Abhängigkeit von den gesammelten Erfahrungen folgt Erkenntnis, Nervenreflexe verbessern sich und die angeborenen Fähigkeiten werden erweitert.

Ich glaube aber, daß der heutige Erziehungsstil, der die Kinder mit Wissen vollstopft, sie unsensibel macht. Die Erziehung gibt heutzutage Kindern, die viel spielen, keine Chance.

Jedesmal wenn ich Deutschland, bzw. Europa besuche, sehe ich oft Kinder im Park spielen. Ausserdem trifft man an Feiertagen kleine Jungen und Mädchen in Begleitung ihrer Eltern oder in Gruppen spielend außerhalb der Stadt.

Überall in Europa liegen naturbelassene Felder und Wälder vor den Toren der Städte. Die Menschen dort sind mit aller Kraft bemüht, die Natur zu erhalten. Bevor die Verstädterung sie erreichte, haben sie vermutlich das Unheil gespürt und schon erkannt, wie schrecklich es wäre, wenn die Natur verloren ginge.

Und ich denke, dass sie vielleicht auch die Wichtigkeit bemerkt haben, Kinder in der freien Natur zwanglos spielen zu lassen.

Auch in unserem Land müssen wir die Natur wichtiger nehmen, sie bereichern, und die Erziehung der Natur anpassen.

Ich kann mich des Gefühles nicht erwehren, daß, wenn wir das nicht tun, die Kinder im Erwachsenenalter zu Menschen mit Schwächen im wichtigen Bereichen werden.

Menschen, denen solche wichtigen Dinge fehlen, sind zum Beispiel:

◦ Menschen, die sich nichts dabei denken, anderen Menschen Unannehmlichkeiten zu bereiten

◦ Menschen, die ständig ihr Recht fordern, aber ihre Pflichten nicht erfüllen

◦ Menschen, die alleine den Mund nicht aufmachen und sich nichts trauen, richten, wenn sie in einer Gruppe sind, Schaden an.

Es gibt noch viel mehr Beispiele als die erwähnten.

Daß es immer mehr dieser Menschen gibt, hat vermutlich mit der gefühlsmässigen Unsicherheit in unserer Welt zu tun. Sollten wir nicht unseren Geist und Körper trainieren, damit wir nicht von religiösen oder ähnlichen Gruppierungen missbraucht werden, die die Welt heutzutage beunruhigen.

© übersetzt von Birgit Lauenstein und Peter Nawrot 02/2003